Gewalt gegen den eigenen Hund

Frau_D.

Erfahrener Benutzer
13. Feb. 2011
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++++++++++++++ ACHTUNG! IRRE VIEL TEXT! :D ++++++++++++++++

Seit einiger Zeit beschäftigt mich ein Thema, das ich jetzt mal versuchen möchte, in Textform festzuhalten. Der Titel sagt es schon – es geht um Gewalt im Sinne von dem eigenen Hund zugefügten Schäden, unabhängig davon, ob sie physischer oder psychischer Natur sind. Ich werde vermeiden zu beschreiben, wie ich es halte, aus Gründen, die ich noch anspreche. Was mich aber seit jeher an den gelesenen Argumentationen stört, ist, dass sie oftmals parolenartig und indifferent sind – und inkonsequent angewandt werden. Ich nenne ein aktuelles Beispiel, weil es mir gerade im Gedächtnis ist: An der Leine rucken (dieses Rucken bleibt undefiniert) ist Tierquälerei, aber einen losrennenden Hund aus Erziehungsgründen in die Leine knallen zu lassen, wird grundsätzlich akzeptiert.

Tabuisierung und ‚Hexenverfolgung‘ anstatt konstruktiver Ratschläge

Der Grund, warum ich diesen Thread eröffne, ist, dass ich Gewalt für ein extrem wichtiges Thema halte. Und damit meine ich nicht, dass einer „Hexe!“ schreit und andere zustimmend „Verbrennen!“ rufen. Gewalt ist im weitesten Sinne ein Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber dem Hund, die entsteht, wenn der Halter Kontrollverlust fürchtet und Macht fordert (wenn man pathologische Ursachen einmal ausgrenzt, bei der Gewalt z.B. Glücksgefühle verursacht). Wenn ich also davon ausgehe, dass dem eigenen Hund aus Hilflosigkeit Gewalt angetan wird, dann ist es umso wichtiger, aufklärend und Alternativen bietend darüber zu sprechen, anstatt mit dem Finger zu zeigen. Oftmals beruht das Handeln beider Seiten meines Erachtens auf Unverständnis… und das hier ist mein Aufruf, den Hilflosen nicht die Tür vor dem Gesicht zuzuschlagen und das Thema ‚Gewalt‘ so mehr und mehr zu tabuisieren, sondern sich anstatt dessen – wie bei so vielen anderen Themen auch – die Zeit zu nehmen, Alternativen aufzuzeigen.

Körperliche und psychische Gewalt

Was ist Gewalt? „Unter den Begriff Gewalt (…) fallen Handlungen, Vorgänge und Szenarien, in denen bzw. durch die auf Menschen, Tiere oder Gegenstände beeinflussend, verändernd und/oder schädigend eingewirkt wird.“ (Quelle: Wikipedia ‚Gewalt‘) Wer diese Definition aufmerksam liest, dem fällt auf, dass nur ein Teil davon wirklich negativ behaftet ist. Im Grunde ist jeder Befehl, den wir an den Hund richten, Gewalt. Was aber zur Kritik steht, ist jene Gewalt, die dem Hund schadet. Jetzt muss man sich allerdings überlegen, was dem Hund tatsächlich schadet – und das ist gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass man auch einem Hund nicht nur körperlich, sondern auch ‚seelisch‘ schaden kann. Das Problem an dieser Diskussion ist nämlich, dass der Hund nicht zum Interview bereitsteht und nicht immer kommunizieren kann, woran er leidet.

Hier einmal ein paar Beispiele, die aus meiner Sicht Grenzbereiche beinhalten:

- Eine Hunderasse wurde über Dekaden körperlich und vom Wesen her darauf gezüchtet zu jagen. Sein Verhalten, sein Trieb und deswegen auch seine Bedürfnisse richten sich in einem gewissen Mass danach. Übt der Halter psychische Gewalt aus, wenn er diese Hunderasse hält, aber nicht für die Jagd nutzt?

- Einige Rassen und Farbschläge bedingen physiologische Einschränkungen, die beim Individuum zu Krankheit oder Tod führen können. Dennoch werden diese Rassen / Farben offiziell unterstützt und die Haltung gut geheissen.

- Hundesportarten, die extreme Belastungen der Gelenke und der Psyche aufgrund von Druck und Stress bedeuten, lassen einen weiten Spielraum, wenn die Motivation des Halters (früher oder später) nicht die der gesunden Bewegung und Beschäftigung des Hundes ist, sondern, wenn auch unbewusst, rein egoistische Ziele wie Anerkennung und Bestätigung verfolgt.

- Erziehungsmethoden und Verhaltensweisen des Menschen, die in keinem Verhältnis zu der Natur des Hundes stehen, wie z.B. stundenlanges Ignorieren oder Partnerersatz im Sinne von einschränkendem Insistieren auf körperlicher Nähe.

Unterschiedliche Rassen und ihr Verhalten

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der laut meiner Beobachtung oft nicht in die Argumentation mit einbezogen wird: Hunderassen wurden für ganz unterschiedliche Zwecke gezüchtet und ihre Kommunikation unterscheidet sich deswegen nicht nur aufgrund ihrer körperlichen Möglichkeiten, sondern auch aufgrund der herausgezüchteten Eigenschaften. Ein Havaneser drückt sich nicht so körperbetont aus wie das andere Extrem, das mir selbst bekannt ist, der Malinois. Dann gibt es natürlich auch noch den individuellen Charakter eines Hundes: Der eine wird aufmerksam, wenn des Halters Stimme lauter wird – bei dem anderen gehen die Alarmglocken an, wenn die Stimme das Halters leise wird. Der eine wird unruhig, wenn ihm weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird, der andere nutzt den neuen Freiraum in einem gewissen Rahmen. Der Mensch ist also dazu angehalten, seine kommunikativen Mittel auf den Hund als Individuum anzuwenden – und nicht pauschal jeden Hund über einen Kamm zu scheren.

Und dann gibt es noch eine Facette, die viele vergessen… eine Mensch-Hund-Beziehung ist artübergreifend und nicht mit einer Hund-Hund-Beziehung vergleichbar. Wir finden es normal, dass sich ein Hund an das unterschiedliche Verhalten einer Katze gewöhnen kann, aber es fällt uns schwer zu begreifen, dass für einen Hund das Gleiche gilt, wenn es um seinen Halter geht. So wie wir erwarten, dass er Befehle wie ‚Sitz‘, ‚Platz‘ und ‚Aus‘ versteht, versucht er auch, unsere Handlungen (auch die aggressiven) zu verstehen. Mehr noch – ein Hund lernt sehr gut, nicht nur unser äusseres Handeln zu interpretieren, sondern er erkennt auch die Signale, die wir unbewusst aussenden. Es ist ja nicht so, als verfügten wir nicht ebenfalls über eine ganze Palette von rein körperlichen Kommunikationsmitteln. Für ihn ist das eine logische Vorgehensweise und für den Halter sollte sie eigentlich ebenfalls zwingend sein, denn nur wer seinen Hund versteht, kann mit ihm angemessen umgehen.

Wenn ein Halter seinem Hund also reflexartig vor die Schnauze schlägt, weil der in einem unbeobachteten Moment versucht, an den Schinkentoast zu kommen, dann handelt der Mensch nicht gewalttätig – weswegen der Schnauzenschlag auch nicht mit bewusstem Krafteinsatz einher geht – und der Hund interpretiert es auch nicht so. Er erkennt menschliche Aggression, die dem Halter zusteht, wenn er seine Ressourcen verteidigt.

Aggressive Handlungen ausserhalb eines angemessenen Kontextes

Problematisch sind allerdings aggressive Handlungen, die ausserhalb eines für den Hund erkennbaren Kontextes passieren. Aggression wird dann zu Gewalt, wenn der Hund Schaden trägt, weil er nicht aus der Aktion lernen kann oder sie verstehen kann. Dieses Prinzip gilt allerdings nicht nur für Aggression, sondern im Grunde für alle Verhaltensweisen des Halters, die innerhalb der einfachen Strukturen eines Hundelebens nicht verständlich sind.

Im Hunde-Verständnis folgt auf eine Aktion eine Reaktion. Kurz danach folgt eine neue Aktion, auf die wieder eine Reaktion erwartet oder gefordert wird. Reagiert der Halter nun auf eine bereits vergangene Aktion, fehlt dem Hund der Zusammenhang. Das mag im Normalfall nicht schlimm und nur verwirrend für den Hund sein – wenn es aber um negative Erfahrungen geht, überschreitet man schnell die Schwelle von einer natürlichen Aggression zu einer Gewalttat, die dem Hund schaden kann.

Das obige Szenario klingt nach einer logischen Abfolge. Für den Menschen mag das noch nachvollziehbar sein, für den Hund ist es das nicht. Inkonsequenz im Alltag führt oft dazu, dass im Ernstfall nicht funktioniert, was funktionieren sollte. Wer seinen Hund immer auf die Couch lässt und sie nicht als Ressource deklariert, die nur der Halter vergeben kann, der kann von seinem Hund auch nicht erwarten, dass er die Couch freigibt, wenn Besuch im Haus ist. Wer dann versucht, mit aller Macht das vermeintliche, aber nie kommunizierte Recht durchzusetzen, stellt den Hund vor ein unlösbares Rätsel.

Kontextbezogene, aber unverhältnismässige Aggression

Mindestens so häufig wie kontextlose Aggression gibt es unverhältnismässige Aggression. Als unverhältnismässige Aggression würde ich Situationen beschreiben, in denen der Halter aus Hilflosigkeit zu extremen Maßnahmen greift, um den Hund zu kontrollieren. In den meisten Fällen erwartet er zu viel von seinem Hund (z.B. im Fuss laufen, ohne dass es ordentlich aufgebaut und trainiert, bestätigt und gefördert wird) oder greift ob der Wirkungslosigkeit bisher ergriffener Maßnahmen zu einem mächtigeren, aber unangemessenem Mittel, um Kontrolle zu erlangen.

Der Hund riecht etwas Spannendes, der Abruf klappt erst nach geraumer Zeit und aus der Wut heraus ignoriert der Halter seinen Hund über längere Zeit. Zwar versteht der Hund, warum er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird, aber die Reaktion auf seine Aktion ist unnachvollziehbar hart und kann dazu führen, dass der Hund bei jedem Abruf unverhältnismässigen Stress empfindet. Psychische Gewalt… die auf Dauer schädigend wirken kann.

Eine unerfahrene Hundehalterin bekommt ihre quirlige elf Monate alte Cocker Hündin nicht dazu, nicht an Menschen hochzuspringen. Anfangs hat sie es nicht verboten, dann schien es wichtig, aufgebaut wurde es nicht. Nachdem wochenlanges ‚Lass das‘-Flöten keinen Erfolg brachte, folgt nun eine mit Kieseln gefüllte PET-Flasche, die zur Strafe neben den Hund geworfen wird. Leider kann die Frau nicht gut zielen und trifft mit der recht schweren Flasche immer wieder ihren Hund. Der Hund gehorcht jetzt, aber praktisch jede Bewegung der Frau löst bei dem Hund Unruhe aus, denn er kann nicht verstehen, weshalb eine Begrüssung jetzt eine derartige Reaktion auslöst und passt sein Verhalten aus Misstrauen auch in anderen Situationen an.

 
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Alternativen zur Gewalt

Ein Hund wird Gewalt nie verstehen und er wird kein intaktes Vertrauensverhältnis zu einem Halter aufbauen können, den er nicht versteht. Auch Dominanz ist nicht Gewalt – Dominanz ist Souveränität. Wer seinen Hund souverän durch Situationen führt, gewinnt Vertrauen. Und wer sich bewusst macht, dass ein Hund nur ein Tier ist und keine Maschine, der bringt auch die Geduld auf, die Erfahrungen des Hundes in geordnete Bahnen zu lenken. Wer souverän ist, der weiss auch, dass ein Fehler das Kind nicht in den Brunnen fallen lässt; Hunde wurden im Laufe ihrer Domestikation so geformt, dass sie lern- und anpassungsfähig bleiben. Konsequente und konkrete Ansagen gepaart mit einer mehr oder weniger neutral gehaltenen Kommunikation von Richtig und Falsch helfen dem Hund, seine Eigenschaften auszuleben und so das Zusammenleben mit dem Menschen zu meistern.

Wer sich hilflos fühlt und überlegt, seinen Hund mit Gewalt zu etwas zu zwingen, sollte…

- die entsprechende Situation mit dem Hund verlassen, sie in ihre Grundelemente aufdröseln und überlegen, wie man das Problem angehen kann.

- tief durchatmen, sich bewusst machen, dass der Hund nicht absichtlich falsch handelt und reflektieren, welche Fehler er selbst begangen hat, um die Aktion / Reaktion seines Hundes nachzuvollziehen.

- überlegen, ob der Hund tatsächlich ursächlich verantwortlich ist oder ob die Quelle der Emotion nicht im eigenen Leben zu suchen ist (z.B. Streit mit dem Partner, Frust auf der Arbeit oder fehlende Anerkennung im direkten Umfeld).

- sich Hilfe suchen (dürfen!). Das Gespräch mit einem anderen kann helfen, um eine Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Foren, Hundetrainer oder befreundete Hundehalter… alles kann helfen, um einen neuen Lösungsansatz zu finden.

In eigener Sache

Das hier sind meine Beobachtungen und meine Sicht zu einem Themenkomplex der meines Erachtens so wichtig ist – ich habe keine Literatur gewälzt und keine Seminare besucht. Es lag mir trotzdem am Herzen, dieses Thema einmal auszuformulieren – wenn auch völlig subjektiv.

Prangert man Gewalt an, wird sie zum Tabu, aber sie hört nicht auf. Wer hier im Forum Hilfe suchen möchte, sollte das unbedingt tun. Dabei ist es möglicherweise gar nicht nötig, dass man von der Gewalt erzählt – es ist ein Anfang, die oben genannten ‚sollte…‘-Tipps zu befolgen und sich mitzuteilen. Aber: Nicht alles, was gewalttätig klingt, ist tatsächlich Gewalt. Eine Mensch-Hund-Beziehung ergibt sich aus den Charakteren der Beteiligten – sie kann leise und ruhig, laut und körperbetont, hektisch oder bedacht sein. Wer der Gewalt am eigenen Hund bezichtigt wird, sollte nicht sofort an Hexenjagd denken und nicht sofort fürchten, ein Tierquäler zu sein. Wer seinen Hund liebt, reflektiert und korrigiert gegebenenfalls die eigenen Fehler.

Und abschliessend: Mich würde interessieren, was eure Gedanken zu dem hier Geschriebenen sind. Stimmt etwas nicht? Wenn ja, was und wie kann ich es besser formulieren? Habe ich wichtige Lösungsansätze vergessen? Ist mein Aufruf sinnvoll und so akzeptabel? Eine Bitte: Keine Emotionalitäten... Wer sich in meinem Text wiederfindet, kann versichert sein, dass ein Angriff nicht meine Motivation war. Wer mir das nicht glaubt, kann mir gerne eine PN schreiben.

+++ GLÜCKWUNSCH - SIE HABEN DAS ENDE DES ELENDS ERREICHT! :D +++

 
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[QUOTE='Frau_D.]Wenn ein Halter seinem Hund also reflexartig vor die Schnauze schlägt, weil der in einem unbeobachteten Moment versucht, an den Schinkentoast zu kommen, dann handelt der Mensch nicht gewalttätig – weswegen der Schnauzenschlag auch nicht mit bewusstem Krafteinsatz einher geht – und der Hund interpretiert es auch nicht so. Er erkennt menschliche Aggression, die dem Halter zusteht, wenn er seine Ressourcen verteidigt.

Aggressive Handlungen ausserhalb eines angemessenen Kontextes

Problematisch sind allerdings aggressive Handlungen, die ausserhalb eines für den Hund erkennbaren Kontextes passieren. Aggression wird dann zu Gewalt, wenn der Hund Schaden trägt, weil er nicht aus der Aktion lernen kann oder sie verstehen kann. Dieses Prinzip gilt allerdings nicht nur für Aggression, sondern im Grunde für alle Verhaltensweisen des Halters, die innerhalb der einfachen Strukturen eines Hundelebens nicht verständlich sind.
[/QUOTE]Für mich die Kernaussage welche ich voll und ganz unterschreiben kann!

Ich vermisse diesen intuitiven Umgang mit den Tieren in der heutigen Gesellschaft. Man wird viel zu schnell als Tierquäler abgestempelt.

Als Beispiel: Vorgestern Abend gehe ich mit beiden Hunden an der Aare lang. Kommt mir eine Frau mit einem Hund entgegen. Ihr Hund stand geifernd in der Leine, knurrend, bellend, ächtzend weil keine Luft vom Reinhängen und sichtlich übererregt. Mein Rüde bleibt gelassen, aber meine Hündin steigt ein und will auch nach Vorne gehen. Ich geb ihr ein "Nein" und zieh einmal deutlich an der Leine nach oben. Meine Hündin ist wieder ruhig, der andere Hund geifert und keucht noch immer. Sagt die andere Hundeführerin zu mir im Vorbeilaufen: "Tierquälerin".

Wenn Leute deren Hund in der Leine hängt und keucht, über mehrere Sekunden oder Minuten lang, mir sagen ich sei eine Tierquälerin, weil meine Hündin einen kurzen Moment einen Ruck bekommen hat, dann frage ich mich allerdings auch, wo fängt Gewalt an und wo hört sie auf und wie wird darüber geurteilt.

Ein sehr guter Text Frau_D., wie ich finde und gut formuliert!

LG, Patricia

 
[QUOTE='AnoukLaura]dann frage ich mich allerdings auch, wo fängt Gewalt an und wo hört sie auf und wie wird darüber geurteilt.
[/QUOTE]Wird leider verschieden interpretiert. Gerade deshalb finde ich es schweirig unter so vielel HH die Waage zu halten.

Was micht extrem stört, z.B. wenn einer kommt und sagt "wenn er bellt wenns an der Türe klingelt, bekommt er ne zusammengerollte Zeitung übern Arsch gezogen" - eine Massnahme von früher, die auch heute noch oft als Tip benutzt wird, oft von Leuten die es nicht besser wissen und denken Hundetrainer sagen einem schon das richtige - die müssens ja wissen! Danach kommen einige kommentare wie xy sagt: "gehts noch?! dir sollte man mal selber ne Zeitung überbraten, dir gehört der Hund weggenommen" 10 weitere bedanken sich bei xy und schreiben genau das gleiche. Danach kommt User abc und klärt gut und sachlich darüber auf und zeigt auf welche Alternativen es gibt. Threaderöffner hat die ersten 10 Kommentare gelesen, hält das ganze Forum für nen hysterischen Hühnerhaufen und geht nicht mehr auf diesen einen guten Beitrag ein, welch nicht gelesen!

Man sollte wirklich nicht vorverurteilen denn 1. gibt es viele Trainer die veraltete Methoden noch immer weitergeben. 2. als unerfahrener HH ist man froh um jeden Tip. 3. die naivität eines Menschen ist grenzenlos

Anders bei jemandem der kommt und seine fragwürdigen Methoden anpreist obwohl er weiss, was es damit anstellt und die Konsequenzen in Kauf nimmt. Hund knurrt Kind an, wleches ihn belästigt, Hund kriegt eins auf den Deckel weil Hund nicht zu knurren hat! Nächstes mal lässt Hund das knurren weg, da knurren = schmerz und springt gleich über zum Biss. Hund beisst - wird euthanasiert, Problem beseitigt.

Ich selbst halte nichts physischer Gewalt. Denn diese Konsequenz die man dazu braucht kann kaum einer 100%ig durchsetzen. Unklarheit verunsichert den Hund und er weiss nicht was er tun darf oder nicht und muss jeden Moment die Strafe erwarten. Man müsste nämlich schon am Ansatz eines Problemes reagieren d.h. wenn Hund eine Leinenagression hat, müsste man schon das fixieren bestrafen und nicht das keifend in die Leine steigen. So kann man keine Probleme lösen. Vielleicht vorübergehend. Dauerhaft macht mans oft noch schlimmer

Psychische Gewalt finde ich noch um einiges schlimmer, denn diese sieht man nicht sofort. Hunde in ein Schema drücken, in das sie eigentlich nicht gehören da das Zuchtziel das komplette gegenteil ist z.B. eingenständig handelnde Rassen durch ausschliessliches füttern aus dem Futterbeutel (wenn er seine Aufgabe gut gemacht hat) in die Abhängigkeit zu treiben.

Leinenruck, anschreien, runterdrücken, Futter verweigern etc. gibt es hier i.d.R. nicht, man sollte aber nicht Vorverurteilen sondern lieber erstmal hinterfragen. Oft steckt wirklich ein hilfloser Mensch dahinter, der heilfroh ist wenn er seinen Hund nicht mehr traktieren muss.

 
Vielen Dank Frau D. hab jetzt nicht alles ins Detail gelesen, da ich auf Arbeit bin. Wenn ich daheim bin, werde ich mir nochmals Zeit für deinen Text nehmen und dann gerne etwas "vernüftiges" dazu schreiben... Aber erstmal vielen Dank, dass du ein Tabu thema angeschnitten hast und so wie ich sehe auch wieder toll geschrieben hast...

 
Wo fängt Gewalt an und wo hört sie auf, fragt AnoukLaura. Ich glaube, das Problem ist noch etwas grösser...

[QUOTE='Jade]Leinenruck, anschreien, runterdrücken, Futter verweigern etc.
[/QUOTE]Wenn Jade diese Beispiele nennt, dann weiss ich was sie meint. Aber gerade, wenn es um das Thema 'Gewalt' geht, werden viele Begriffe - inklusive dem Begriff 'Gewalt' an sich - verwendet, ohne dass sie genau definiert sind.
Was ist ein Leinenruck? Anziehen, um den Hund darauf aufmerksam zu machen, dass man auch noch da ist? Reissen, dass der Hund fliegt? Wenn man an der Leine eines Schäferhundes einen Ruck ausführt, der so weit reicht, dass die Leine kurz unter leichte Spannung gerät, dann ist das ein Ruck, so man es in einer schnellen Bewegung tut. Macht man exakt das Gleiche mit dem gleichen Kraftaufwand bei einem Yorkie, fliegt er. Trägt der Hund ein Geschirr oder ein Halsband? Ist es ein Rüde mit einem ausgeprägten Kragen? Ist es ein sensibles Tier oder ein Draufgänger-Charakter? Zieht der Hund permanent wie ein Bekloppter und erwürgt sich fast durchgehend selbst? Trainiert man gerade Aufmerksamkeit oder hat man eine nutzlose Aktion verfestigt?

Was ist Anschreien? ... Dazu habe ich mich im Text schon geäussert. Und so weiter und so fort... Die zusammengerollte Zeitung gehört für mich in die Kategorie "Kontextbezogene, aber unverhältnismässige Aggression".

Was Gewalt ist, hängt vom Hund ab. Und genau da liegt die Verantwortung beim ambitionierten Schreiber sowie beim aufmerksamen Leser, wenn es um dieses sensible Thema geht. Ich gehe davon aus, dass hier im Forum niemand - aber wirklich absolut niemand! - schreibt, der seinem Hund freudvoll Gewalt antut! Und genau deswegen MUSS jedes Auseinandersetzen mit diesem Thema meines Erachtens individuell behandelt werden. Dazu gehört, dass die eine Partei reflektiert, inwiefern das eigene Handeln möglicherweise schädigend für den Hund ist oder werden könnte - und dass die andere Partei respektiert, dass so ein extrem emotional behaftetes Thema mit Sorgfalt und Feingefühl besprochen werden muss.

Wie Jade es schon schreibt: Es gibt tradierte Erziehungsmethoden, die dem heutigen Erkenntnisstand vom Hunde-Verhalten nicht mehr entsprechen - die Schuld liegt nicht immer beim Halter und neues Wissen muss man sich erst aneignen, es wird nicht automatisch ins Hirn überspielt (aber wie toll wäre so eine Update-App für's eigene Hirnchen! :D ). Und gleichzeitig bedeuten die neuen Erkenntnisse nicht, dass Hunde heute antiautoritär durch liebe Worte und Lecker erzogen werden, auch wenn es sich schwarz-weiss-gemalt so lesen mag...

'Gewalt' umfasst in einer Diskussion (hier im Forum) das komplette Spektrum aller Grau-Töne ohne ihre Grundfarben Schwarz und Weiss.

 
Zurückschränzen :ugly: konstantes zurück ziehen ist etwas anderes. Blöd zu bescheiben. Müsste es demonstrieren aber dafür ist mir jeder Hund zu schade. Nächstes mal wenn ich dich seh Nora, spielen wir mal das Leinenruck-Spielchen. Kann man gut ohne Hund demonstrieren und ich kann dir gleich mal aufzeigen wie beschissen dass sich ein "geleinenruckter" Hund fühlt

Anschreien definier ich so. Mal laut werden ist i.O. sofern noch immer die natürliche Tonlage rauszuhören ist. Wird sie rauher, tiefer und drohender itis nicht mehr i.O.

Mir wirft man mittlerwile vor dass ich Jade antiautoritär erziehe - völliger blödsinn. Ich setze Grenzen statt aktiv zu strafen, das ist der unterschied. Prävention wird sehr gross geschrieben

Ich merk grad, das Thema ist wahnsinnig kompliziert um es schriftlich zu diskutueren, kann mich kaum recht ausdrücken

 
Ich finds auch schwierig, mich richtig auszudrücken in geschriebener Form. Das ist ein Thema, das würde ich gerne bei einem Bier oder so diskutieren.

Ich bewundere Frau_D. dafür, wie geschickt sie ihre Gedanken zu einem Thema formuliert bekommt!

"Schränze" tue ich auch nicht wenn ich schreibe "Leinenruck". Es ist mehr ein "Anziehen und Halten für einen Moment, nach oben", aber denoch nicht in Slow-Motion, aber auch nicht wahnsinnig schnell. Aber wie so treffend von Frau_D. formuliert, müsste man das im Kontext sehen, meine Hunde kennen und die Intensität der Korrektur erleben. Bei meinem Rüden zum Beispiel reagiere ich ganz anders, weil er einfach ein ganz anderer Charakter ist und lange nicht die Art Korrektur braucht, resp. vertragen könnte. Meine Hunde sind 180Grad verschieden und entsprechend schnell muss ich jeweils umschalten in der Kommunikation.

Darum, ich frag mich schon, wo fängt Gewalt an, resp. was ist zusammenhangslose Brutalität gegenüber dem Hund, und wo hört es auf, resp. kommt eine ganz andere Botschaft an.

Herrjie ich geh jetzt eine rauchen :) .

 
phu, schwieriges thema... das mit dem "leinenruck" kann ich fürmich einfach beantworten: bei jendayi wär es mir zu gefährlich mit ihren 11 kg und extrem schmalen hals. es gab auch noch nie eine situation wo ein leinenruck etwas gebracht hätte und darum lass ich es. die situation wie anouk laure sie beschrieb (ist keine kritik ich bin sicher, dass du deine malihündin richtig führst) hätte ich gelöst, indem ich einen griff in die bauchtasche getan hätte und mit den abbruchsignalguetzli (poulethals im moment) geraschte hätte. das hätte gereicht wenn es überhaupt nötig war, denn wenn ein hund so abgeht, dann wollen meine meist einfach dem aus dem weg gehen.
wenn jendayi frei ist und wegen irgend was losrennt (und dawn angeleint) dann ist dies die einzige situation wo dawn bei langer(schlepp)leine in diese donnern würde. aber da trägt sie ein geschirr und ich helfe ihr, indem ich stop rufe kurz vor leinenende. reagiert sie, super belohnung, wenn nein, rennt sie halt ins geschirr, ja. ist für mich aber keine gewalt.

gewalt ist ein weiter begriff. eine 12jährige chihündin (oder sonst ein kleinhund) die nur noch an der flexi geführt wird weil sie nichts mehr sieht und hört würd ich nicht als gewaltopfer bezeichnen. dasselbe mit einem 3 jährigen windhund (als bsp, gilt auch für jeden andern) der an der flex geführt wird wegen jagdtrieb, halte ich sehr wohl für ein gewaltopfer.

es gibt aber handlungen die bleiben für mich immer gewalt. einem hund einen schweren gegenstand anknallen zb. sicher, tödlich ist es, wenn überhaupt, nur für kleinhunde aber auch bei einem schäfer angewendet ist es gewalt für mich.

wenn dawn wegen einer katze losrennt die ich einfach nicht gesehen habe, so wird sie nicht gestraft es ist nun mal ihr erbe das sie mitbringt. sehe ich die katze aber und rufe die hündin ab und sie kommt dann nicht sondern guckt sich um und entdeckt die katze und rennt los, so geh ich ihr nach und sie wird bestraft. ich drücke sie nicht zu boden, ich schmeisse ihr nichts an aber ich packe sie im nacken und sie muss ins platz und wird angeleint. das mit dem nacken packen tue ich noch nicht lange. ich habe beobachtet, dass nastassja das bei ihr macht, wenn sie zu frech wird und auch dass das hilft. ok, ich bin einn mensch und kein hund aber dawn akzeptiert es und macht sofort platz (eine stellung die sie extrem hasst). ob das gewalt ist? sie muss merken, dass ich das so nicht will. nach 3 min lasse ich sie wieder frei, bis dahin wird sie ignoriert.

ich halte mich in erster linie danach was ich für richtig halte. ob andere das nun zu gewaltsam oder im gegenteil zu lasch empfinden, ist deren sache.

was ich definitiv nicht als gewalt ansehe ist die haltung von allen jagdhunden als als nichtjäger. es gibt rassen, die ich eigentlich nur in jägerhänden sehen möchte aber auch ganz viele, die man gut als nichtjäger halten kann. sonst dürfte ich meine windis auch nicht halten. nastassja und jendayi hätten dann auch gar nicht überlebt, denn zumindest diese beiden wären nie und nimmer für die jagd brauchbar gewesen... wichtig ist, dass jeder hund eine rassegerechte aufgabe bekommt, die aber ganz individuell sein kann. nicht alle borders machen gerne agi und nicht alle malis haben irre freude am schutzdienst...

 
Yup echt schwieriges Thema.

Ers mal Frau D :thumbsup: Hab noch nicht ganz alles gelesen, aber das was ich bis jetzt gelesene habe, super. Du kannst dich echt gut ausdrücken.

Tja wo beginnt Gewalt und wo endet sie. Ich denke nur schon damit, dass jeder eine andere Vorstellung von Gewalt hat, aufgrund seines Wesens, seinen Erfahrungen im Leben und seiner Erziehung.

BeginntGewalt nicht schon da wo man den Hund nicht als das annimmt was er ist, ein Hund, mit all seinen Stärken und schwächen, mit all seinen Instinkten, Kommunikations- und Verständnismöglichkeiten??
Beginnt Gewalt nicht schon da wo man aufhört sich mit dem Wesen des Hundes auseinanderzusetzen, ihn für unsere Zwecke zu missbrauchen, ihn in ein Schema zu zwingen??
Beginnt Gewalt nicht schon da wo man aufhört zuzuhören und hinzusehen??
Beginnt Gewalt nicht schon da wo man sich durchsetzen will, nur um des durchsetzens willen, weil man ja über dem Hund stehen muss??

Ich sehe nicht jede Korrektur/Körperlichkeit als Gewalt am Hund an. Wenn ich irgendwo in der Pampa leben würde, wo keine Autos sind, keine Menschen etc sind, dann dürfte mein Hund sehr viel mehr Freiheit geniessen. Aber wir leben nun mal in einer Gesellschaft, wo man rücksicht aufeinander nehmen muss, also kan ich meinem Hund nun mal nicht alle Freiheit der Welt schenken. Ist das, für gewisse menschen, nicht schon Gewalt?? Tja so ist das Leben, unser Leben in unserer heutigen Gesellschaft.

Wenn ich nicht will, dass mein Hund in dem Moment, grade jetzt, das leckere halbe Hühnchen, das da auf der Wiese liegt, nicht frisst und er mein Abbruchkommando ignoriert, dann geh ich hin und dräng ihn davon weg, und sage nicht während er am fressen ist, dass er es doch bitte bitte bleiben lassen sollte. Und zwar nicht weil ich grad Alpha bin und sonst keine Hobbies habe, sondern weil ihm das dämliche Hühnchenknochen im hals stecken bleiben könnte, ihm die Knochen die Speiseröhre aufschlitzen könnte, weil es vergiftet oder mit Rasierklingen präpariert sein könnte.
Ich setze Tabus um ihn zu schützen oder Bereiche für mich zu beanspruchen. Nicht jeder hat gerne den Hund im Bett, also fliegt er halt mal runter, wenn er das gefühl hat dass er dein "geh runter" zu ignorieren. Ist das nicht auch schon Gewalt??
Im gegenzug gebe ich ihm aber auch Bereicht, die nur ihm gehören, zB sein Bettchen. Da störe ich den Hund nicht, basta. Ich gebe ihm regelmässig zu fressen und sorge für frisches Wasser. Ich sorge dafür dass mein Hund entsprechendes Mass an Bewegung und Beschäftigung bekommt.
Ich sorge dafür, dass wir beide eine Gemeinschaft, ein Team bilden. Dafür müssen Kompromisse eingegangen werden, von beiden Seiten, das bringt ein zusammenleben so mit sich.

Ja auch ich habe schon in Situationen unverhältnismässig reagiert, vor allem als Whyona jünger war, weil es mir damals nicht gut ging, ich meine emotionen nicht unter Kontrolle hatte. Ich bin nicht stolz drauf und ich wünschte ich könnte es rückgängig machen, aber das kann ich nicht. Ich bin ein Mensch und bestimmt nicht perfekt. Aber ich arbeite an mir und habe mich bemüht, und tu es noch, das Wesen des Hundes zu verstehen, das Wesen von Whyona zu verstehen.

Ich versuche andere nicht zu verurteilen, sondern andere Wege aufzuzeigen, damit ihr Leben mit dem Vierbeiner entspannter von statten gehen kann. Mein Verständnis, hört da auf wo Menschen nicht bereit sind, sich andere Sichtweisen zumindes mal anzuhören, wo der Hund einfach nur als Sache (zB Gebährmashcine, Sportgerät, Kindsersatz) missbraucht wird ohne jeglichen Respekt vor dessen Bedürfnisse.

Tja es gibt hier wirklich kein Schwarz/Weiss, sondern viele Grautöne, da, wie gesagt, jeder Hund Mensch ein Individuum ist.

 
Ich werde einzeln zitieren, damit es 'übersichtlicher' :lalala: bleibt. :D

[QUOTE='sighthound]hätte ich gelöst, indem ich einen griff in die bauchtasche getan hätte und mit den abbruchsignalguetzli (poulethals im moment) geraschte hätte
[/QUOTE]Anti wäre das piep-egal gewesen... *g*

wenn nein, rennt sie halt ins geschirr, ja. ist für mich aber keine gewalt.
Es ist eine kontext-bezogene Einwirkung. Es ist nicht mal Aggression, sondern Aktion-Reaktion. Das Problem am Leine... ich nenne es jetzt mal betont... Leine-Reissen ist, dass die Verhältnismässigkeit und / oder der richtige Kontext fehlt. Sehe ich ein... nur mit gesundheitlichen Risiken kann man kaum argumentieren, weil beide Fällen Geschirr- oder Halsband-abhängig sind.

einem 3 jährigen windhund (als bsp, gilt auch für jeden andern) der an der flex geführt wird wegen jagdtrieb, halte ich sehr wohl für ein gewaltopfer.
Ist das Gewalt? Oder falsche Haltung? Ist falsche Haltung Gewalt? Ich bin mir da nicht so sicher und würde notfalls differenzieren: Denn in so einem Fall wirkt man weder körperlich noch kommunikativ aggressiv auf den Hund ein... Allerdings gibt es ja auch eine 'politische' Gewalt(herrschaft) im Simme der Macht, die die Freiheit des Individuums beschränkt.
 
[QUOTE='Whyona]BeginntGewalt nicht schon da wo man den Hund nicht als das annimmt was er ist, ein Hund, mit all seinen Stärken und schwächen, mit all seinen Instinkten, Kommunikations- und Verständnismöglichkeiten??
[/QUOTE]Viele Wege führen nach Rom. Und es ist extrem menschlich, perspektivisch nicht auf die Seite des Tieres wechseln zu können. Da geht es vermutlich allen Arten auf diesem Planeten ähnlich. ;)

Beginnt Gewalt nicht schon da wo man aufhört sich mit dem Wesen des Hundes auseinanderzusetzen, ihn für unsere Zwecke zu missbrauchen, ihn in ein Schema zu zwingen??
Das ist für mich allgemein formuliert, auch wenn ich zu verstehen glaube, was du meinst. Erstmal ist der Hund ein domstiziertes Tier. Es ist ihm angezüchtet, für Zwecke da zu sein und in das Schema der menschlichen Gesellschaft zu passen (die sich allerdings schneller ändert, als eine Hunderasse hinterher kommen könnte). Darüber hinaus und je spezifischer man sich Fälle anschaut, desto mehr kann man Gewalt-Elemente erkennen.

Beginnt Gewalt nicht schon da wo man aufhört zuzuhören und hinzusehen??
Ja, aber nicht jede Gewalt ist, wie deine Fragen weiter oben, unbedingt eine negative, schädigende Gewalt. Das, was aber im Zusammenleben mit einem Hund relevant ist, ist eben jene Gewalteinwirkung, die das Individuum unbedingt früher oder später schädigt.

Beginnt Gewalt nicht schon da wo man sich durchsetzen will, nur um des durchsetzens willen, weil man ja über dem Hund stehen muss??
Das fällt bei mir in die Kategorie 'Erziehung': Entweder trainiert man gerade mit seinem Hund oder man verwendet Befehle unbedacht und setzt sich damit selbst unter Druck. Wer seinen Hund erfolglos mit 'Sitz!'-Befehlen vollböllert, während der mit einem anderen Hund ausgelassen spielt und obwohl man weiss, dass der Befehl in dieser Situation noch nieNIEniemals funktioniert hat, hat nicht nachgedacht. Gewalt ist das meines Erachtens erstmal nicht... eher ähm situationsbedingte Dummheit. :D Wer seinem Hund dann die Leine vor die Pfoten scheuert, ihn anbrüllt und ins Sitz zwingt, der handelt schädigend. (Laut meinen Gedankenspielerein zumindest. ;) )

Ist das, für gewisse menschen, nicht schon Gewalt??
Ja, aber das sind genau die Leute, die für meinen Text verantwortlich sind. :D Genau deswegen habe ich nämlich angefangen, mir über die genauere und vielleicht richtigere Definition von Gewalt Gedanken zu machen.

Ich setze Tabus um ihn zu schützen oder Bereiche für mich zu beanspruchen. Nicht jeder hat gerne den Hund im Bett, also fliegt er halt mal runter, wenn er das gefühl hat dass er dein "geh runter" zu ignorieren. Ist das nicht auch schon Gewalt??
Nein, das ist für mich das Aufzeigen von Grenzen für ein gutes Zusammenleben. Die (rhetorische!) Frage ist, wie man die Grenzen kommuniziert. Wer seinen Hund in diesem Rahmen unangekündigt mit Schwung vom Bett tritt, übt Gewalt aus (sowohl kontextlose als auch unverhältnismässige Aggression).

wo Menschen nicht bereit sind, sich andere Sichtweisen zumindes mal anzuhören
Da muss man vorsichtig sein - extreme Abwehr kann auch ein Schutz sein, wenn es darum geht, das eigene Gesicht zu wahren. Das ist eine für den Menschen ganz natürliche Reaktion, die aber nicht bedeutet, dass die Worte später und im stillen Kämmerlein nicht doch aufgenommen werden. Je neutraler und emotionsloser man seine Tipps kommunizieren kann (am besten abstrahiert im Sinne von "man kann" und nicht "du solltest"), desto eher können sie später vom Angesprochenen reflektiert werden.

Tja es gibt hier wirklich kein Schwarz/Weiss, sondern viele Grautöne, da, wie gesagt, jeder Hund Mensch ein Individuum ist.
Man muss aber eindeutig zwischen Grau-Tönen und Unschärfen unterscheiden. Grau ist eine reale Mischung aus Gewalt und Nicht-Gewalt - Unschärfen sind individuell oder generell wenig definierte Facetten und Begrifflichkeiten.
 
Ui Ui Ui, heikle Angelegenheit. Also wie sieht es in der Natur bei den Wölfen und Wildhunden aus, gibts da keine Gewalt? Ich habe Sendungen gesehen, da wäre wohl jedes Tier froh gewesen wenn es nur einen Leinenruck oder mal zu Boden gedrückt worden wäre, anstatt halb zu tode gebissen werden. Dies nur mal Rande. Aber ich bin auch nicht dafür, dass man den Hund verprügelt, denn dass ist eine Schwäche und ein Rudelführer sollte souverän handeln, er verwaltet oder verfügt über die Ressourcen und das ist der Hauptpunkt. Aber auch bei mir kommt es vor, dass ich Butch mal einen Rucker verpasse oder ihn mal am Genick packe, wenn ich es innert Sekunden schaffe ansonsten lasse ich es bleiben sonst weiss er ja eh nicht mehr um was es ging, das kommt aber sehr sehr selten vor und dazu müsst ihr Euch auch nicht äussern, denn das ist meine Sache und ich finds ok. Und das Vertrauen hat auch nicht darunter gelitten. Ein Beakannter von mir hat 2 Foxterrier und was der diesen Tieren antut ist heftig. Als ich Ihm damals erzählte, dass ich bald einen bekomme, sagte er mir betreffen Erziehung : Der Hund lernt am Besten über Schmerzen. Ich hackte nach wie er das meint? Hier ein Bsp. sie sind immer den Jogger nachgerannt und haben sie angesprungen, dass hätte ihn wahnsinnig genervt, also machte er mit einm Kollegen ab, das dieser am Morgen 9.00 Uhr ihnen entgegen joggen sollte und wenn die Hunde kämen, solle er sie ohne rücksicht und volle kanne treten. Das hat er auch getan und seit daher sind sie nie mehr einem nachgerannt...... und da gibts noch viele weitere Besp. Krass finde ich, die Hunde gehorchen aufs Wort (vieleicht aus Angst) aber wenn ich die sehe, habe ich das Gefühl dass die Hunde ihn vergöttern.

 
[QUOTE='Desperado77]und da gibts noch viele weitere Besp. Krass finde ich, die Hunde gehorchen aufs Wort (vieleicht aus Angst) aber wenn ich die sehe, habe ich das Gefühl dass die Hunde ihn vergöttern
[/QUOTE]Da würde mich nicht wundern, wenn die Hunde den nächsten Jogger einfach beissen... Mit "vergöttern" hat das wahrscheinlich nichts zu tun, wenn sowas seine "Erziehungsmethoden" sind, dann haben die Hunde höchstens panische Angst was falsch zu machen. Was ich von solchen Leute halte, muss ich hier nicht schreiben, aber die einen können es sich wohl denken.

Und ich finde den Thread hier sehr interessant zum lesen und zum nachdenken.

 
Naja, das Treten gegen die Hunde (Jogger) find ich jetzt wieder nicht so wild (OKEEEE, wir müssten natürlich erstmal die Heftigkeit der Tritte, die Verhältnismässigkeit, anschauen und den Typ Hund definieren). Der Hund hat sehr kontextbezogen gelernt Jogger besser zu meiden.

Bei meinen Hunden wäre das so:
Jogger tritt Staff-Rüden - unverhältnismässig. Besser wäre es gewesen, ihn einfach etwas lauter als normal anzu"brüllen" und sich gross zu machen. Der Rüde hätte gelernt.
Jogger trifft auf Mali-Hündin - Treten wäre doof gewesen, weil er dann sofort die Hündin am Haken gehabt hätte. Schlag ihr eine und sie reagiert nach Vorne / putscht sich dadurch noch auf. Hier korrigier ich lieber selbst (über die HTS-Ampel).
Anmerkung: Meine Hunde haben keine Probleme mit Joggern oder dergleichen! Einfach mal ein Versuch die Situation nachzudenken.

Aber je nach Hund finde ich dieses Vorgehen jetzt nicht gewalttätig (vorausgesetzt, der Hund wir dabei nicht verletzt -> Verhältnismässigkeit / Art und Weise).

Bezüglich den Leckerchen im Beispiel von SH / mir: Funzt bei meiner Mali auch nicht weil interessiert sie nicht die Bohne (leider).

Ich denke, dass Gewalt dann stattfindet, wenn unsere Emotionen unverhältnismässig sind, kein Kontext besteht und/oder das Tier verletzt wird. Generell Ausbrüche von (negativen) Emotionen finde ich in jeglicher Tierkommunikation fehl am Platz.

 
@Desperado: Ohjee- was dein Bekannter mit seinen Hunden macht ist ganz ganz schrecklich und es ist klar, das die "Gehorchen" und ihn "Vergöttern" denn Hunde lernen schnell über das Gefahrenmeideverhalten.
Wahrscheinlich versuchen sie ständig zu beschwichtigen oder sich zu unterwerfen, darum wirkt das nach aussen als würden sie ihn vergöttern :S

Meine Meinung zu diesem Thema ist wohl recht bekannt- ich gehöre der so genannten "Wattebausch- Werfer- Fraktion" an, was allerdings nicht bedeutet das ich meinen Hunden alles erlaube - im Gegenteil in gewisser Weise bin ich recht streng, allerdings nicht auf körperliche Weise- das würde bei meinen sensiblen Hunden ohnehin nichts bringen.

 
Es wurde geschrieben, dass es Foxterrier seien und ...

[QUOTE='Desperado77]ohne rücksicht und volle kanne treten
[/QUOTE]Verhältnismässig?!

 
[QUOTE='pat_blue]Es wurde geschrieben, dass es Foxterrier seien und ...

Verhältnismässig?!
[/QUOTE]Oh.... hmm.... ok, da hatte ich wohl nicht gut genug gelesen.

 
[QUOTE='AnoukLaura]Naja, das Treten gegen die Hunde (Jogger) find ich jetzt wieder nicht so wild (OKEEEE, wir müssten natürlich erstmal die Heftigkeit der Tritte, die Verhältnismässigkeit, anschauen und den Typ Hund definieren
[/QUOTE]ich hab ja geschrieben "volle Kanne" also die Hunde sind geflogen und die Rippen waren beim einten gequetsch oder sogar gebrochen, bin aber nicht ganz sicher ist schon 2 jahre her.

Das ist schon sehr heftig.

 
[QUOTE='Desperado77]Also wie sieht es in der Natur bei den Wölfen und Wildhunden aus, gibts da keine Gewalt?
[/QUOTE]Intraspezifische (innerartliche) Aggression hat etwas mit dem Kampf um Ressourcen und damit um biologische Fitness zu tun. Wir reden hier aber hauptsächlich um überartliche (interspezifische) Aggression, die schädigende Effekte hat - und das im Rahmen des Zusammenlebens mit einem Tier, dessen optimale Haltung auch sein seelisches und körperliches Wohl verlangt.

Ich habe Sendungen gesehen, da wäre wohl jedes Tier froh gewesen wenn es nur einen Leinenruck oder mal zu Boden gedrückt worden wäre, anstatt halb zu tode gebissen werden.
Löwe versus Zebra? Oder Wolfrudel A versus Wolfrudel B? ;) Vorsicht beim Übertragen verschiedener Formen von Aggression auf Gewalt in der Haltung und Erziehung eines Hundes.

Krass finde ich, die Hunde gehorchen aufs Wort
Jetzt bringe ich doch mal ein Beispiel von Anti. Er betritt keine Felder, ausser ich erlaube es explizit. Und selbst dann tut er es nur, wenn ich das Feld (aka gemähte Wiese) selbst betrete. Ist er nicht toll? So wohlerzogen... Tatsächlich ist er zwei Male in einen Elektrozaun geraten und verbindet seitdem ALLE Felder mit Schmerzen. Er bewegt sich zwar entspannt auf den Feldwegen, aber reagiert mit massivem Stress, wenn ein geworfenes Stöckchen mal zu nahe an einem Feldrand liegt. Die Stresssymptome sind subtil, aber sehr gut ersichtlich - und dennoch sagte neulich eine Bekannte: "Oh schau, wie vorsichtig und zuvorkommend Anti ist!" (... weil er steifbeinig, mit leicht eingeklemmter Rute, angelegten Ohren, angespannter Schnauze und grossen Augen vorsichtig auf das Stöckchen zuschritt, dass er doch gerne haben wollte. Es lag 30cm neben einem nicht eingezäunten Rübenfeld.)

dass die Hunde ihn vergöttern.
Wenn er es immer so handhabt, wie mit dem Jogger-Freund, kann ich mir vorstellen, dass die Hunde das nicht auf ihren Halter beziehen. Im Frankfurter Zoo gab es mal einen alten Schimpansen - er war ein Wildfang, dessen Mutter von Jägern erschossen worden war und er wurde von den Jägern noch in Afrika an Nonnen übergeben, die ihn aufzogen. Noch 40 Jahre später hat dieser Schimpanse im Zoo bevorzugt mit Scheisse nach allen Schwarzen und Nonnen geworfen.
Wie sich die Fox Terrier wohl verhalten, wenn ein Jogger versuchen würde, sie anzufassen? Jade hat zu diesem Thema und falschen Erziehungsansätzen, die gefährliche Blüten treiben, einen spannenden Abschnitt weiter oben geschrieben.